Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am heutigen Sonntag feiern wir ein Fest, das unter zwei sehr unterschiedlichen Namen bekannt ist: volkstümlich sagen wir „Mariä Lichtmess“, offiziell heißt es „Fest der
Darstellung des Herrn“. Bis zur Liturgiereform nach dem II. Vatikanischen Konzil endete erst mit diesem Tag die Weihnachtszeit, und auch heute noch bleiben in vielen Kirchen und auch Wohnungen die Krippen noch so lange stehen – unter Umständen schon mit Luftschlangen und Konfetti dekoriert, weil gerade im Rheinland schon längst der
Fastelovend angefangen hat.
Inhalt des Festes ist zunächst einmal ein religiöser Brauch des Judentums: „jede
männliche Erstgeburt“ gehörte nach einer Vorschrift aus dem Buch Exodus Gott und muss daher (im Alter von vierzig Tagen) durch ein Opfer im Jerusalemer Tempel
ausgelöst, sozusagen freigekauft werden. Auch Maria und Joseph ziehen also dorthin, um diese Vorschrift zu erfüllen. Von besonderer Bedeutung ist aber ein Ereignis
scheinbar am Rande dieses Besuches der Familie im Tempel: sie begegnen nämlich Simeon und Hanna.
Beide haben schon ein (gerade für die damalige Zeit) sehr hohes Alter erreicht; aber immer noch warten sie auf die Erfüllung ihres größten Wunsches, der sie ihr Leben lang begleitet hat: sie möchten mit eigenen Augen den Messias sehen, den Sohn Gottes, den Erlöser der Welt. Und ganz offenbar sind die beiden sehr sensibel für Gottes
Gegenwart: inmitten des großen Trubels, der zweifellos im Vorhof des Tempels herrscht, erkennen sie das unscheinbare Paar, das seinen kleinen Sohn hereinträgt. Und Simeon nimmt das Kind voll Freude auf seine Arme und stimmt jenen berühmten Lobgesang an, in dem es heißt: „Nun lässt Du, Herr, Deinen Knecht, wie Du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das Du vor allen
Völkern bereitet hast!“ Sein größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen, im fehlt nichts mehr. In Johann Sebastian Bachs wunderbarer Kantate zu diesem Fest heißt es: „Ich habe genug! Ich habe den Heiland, das Hoffen der Frommen, auf meine begierigen
Arme genommen – ich habe genug!“
Genau diese Erfahrung wünsche ich euch, Ihnen und mir: Gottes Gegenwart zu spüren, wie es Simeon und Hanna gelungen ist, und in dieser Begegnung Zufriedenheit,
Erfüllung und innere Ruhe zu finden – „GENUG“ zu haben!